WooCommerce 3.0 – Paukenschlag oder Schlag ins Wasser?
WooCommerce 3.0, das bedeutet unter anderem 9 Monate Entwicklungszeit, 115 Mitwirkende, 3000 Änderungen am Code, ein komplett neues Daten-Abstraktions-Model (CRUD), ein modernes Handling von Produktbildern, deutlich mehr Performance und einige weitere neue Funktionen.
Die für Shop Betreiber augenfälligste Änderung ist die neue Bildergalerie für Produkte mit Zoomeffekt, Slider, eigener Lightbox und Swipe-Funktion. Bis WooCommerce 2.6 haben Theme- und Pluginentwickler eigene Erweiterungen zu Verfügung gestellt, um die Anzeige der Produktbilder zu verbessern. Und genau hier lauert die erste Falle. Viele der großen Themes, wie z.B. Enfold, nutzen die neuen Funktionen in WooCommerce 3.0 derzeit noch nicht und die eigenen Erweiterungen führen teilweise sogar zu Konflikten. Ob es sich hier um ein Kommunikationsproblem zwischen Automattic, der Entwicklerschmiede hinter WooCommerce, und den Theme-Autoren oder um eine Nachlässigkeit bei Letzteren handelt, ist schwer zu sagen.
WooCommerce 3: Umstiegshürden
Pannen gab es in jedem Fall, wie z.B. den von mir entdeckten Wegfall eines Templatefilters der im Vorfeld nicht dokumentiert wurde und prompt zu Problemen führte. So fehlen z.B. im Theme Enfold bis Version 4.0.5 nach einem Update auf WooCommerce 3.0 das Produktbild und die Galeriebilder. Mit einer von mir bereitgestellten Anpassung konnte das Problem erst einmal gelöst werden und Benutzer des Themes Enfold kommen nun sogar in den Genuss der neuen Bilddarstellung in WooCommerce 3.0.
Eine weitere Änderung, die bei Shop Betreibern zu Irritationen führt, ist eine Anpassung im Backend bei der Verwaltung von Bestellungen. Aus Performancegründen wurde auf der Bestellübersichtsseite in WooCommerce 3.0 die Spalte mit der Anzahl der enthaltenen Produkte entfernt. Prompt häufen sich die Hilferufe in Foren, weil die „gekauften Artikel“ verschwunden sind.
Auffällig wenige Fragen gibt es derzeit zu „gruppierten Produkten“ obwohl sich die Verwaltungslogik geändert hat. Bis WooCommerce 2.6 handelte es sich um eine Kind-Eltern-Beziehung. Ein einzelnes Produkt konnte genau einem gruppierten Produkt zugeordnet sein. WooCommerce 3.0 ändert das grundlegend. Durch die neue Eltern-Kind-Beziehung können einzelne Produkte in mehreren gruppierten Produkten enthalten sein. Allerdings ergibt sich daraus ein neues Problem für Plugin Entwickler, die Ermittlung der Zugehörigkeit eines Produktes zu einem gruppierten Produkt ist nur mit Klimmzügen möglich. Eine eventuelle Lösung in Form einer neuen Zuordnungstabelle wird aber bereits diskutiert.
WooCommerce 3: Kurz notiert
Streichpreise entfallen bei der Anzeige von Preisspannen für Variationen im Angebot. Auch die Anzeige der Attribute bei Variationen im Warenkorb hat sich geändert. Steuersätze werden automatisch sortiert und prozentuale Gutscheine auf Produkt bzw. Warenkorbebene wurden zusammengefasst. Bei Multisite Installationen werden Kunden eines WooCommerce Shops nun automatisch im Shop einer anderen Seite des selben WordPress Netzwerks angelegt, sobald sie darauf zugreifen, anstatt eine Fehlermeldung auszulösen.
WooCommerce 3: Paradigmenwechsel
Die größten Änderungen in WooCommerce 3.0 liegen jedoch für Shopbesitzer unsichtbar unter der Oberfläche. CRUD (Create Read Update Delete) ist das Zauberwort für Skalierbarkeit und Performance. Das neue Daten-Abstraktions-Model schafft bessere Strukturen, erlaubt mehr Kontrolle über die WooCommerce Objekte und bei der Überprüfung von Daten. Ein weiterer Vorteil der CRUD Klassen für Theme und Plugin Entwickler ist die einheitliche Verwendung im WooCommerce Core, der REST API und im Command Line Interface (WC-CLI).
Allerdings läuft die Einführung der neuen CRUD Klassen bis jetzt nicht ganz unfallfrei. Viele WooCommerce Abläufe, die seit langer Zeit problemfrei funktionieren, wie z.B. die Anzeige von Preisen mit bzw. ohne Mehrwertsteuer oder die Festlegung eines Ablaufdatums bei herunterladbaren Produkten, waren nach dem Update auf WooCommerce 3.0 unzuverlässig oder fehlerhaft. Aber auch diverse Plugins und Themes funktionierten nach dem Update nicht auf Anhieb wie gewohnt, wie z.B. WooCommerce Germanized, Booster für WooCommerce, Woocommerce All Discounts & Deals oder Improved Variable Product Attributes for WooCommerce. Dank des unermüdlichen Einsatzes aller Entwickler hat sich die Lage aber nach 9 Tagen entspannt. WooCommerce 3.0.3 hat die gröbsten Fehler beseitigt und die bekanntesten Plugins und Themes laufen wieder, wenn auch noch nicht mit allen neuen Funktionen.
WooCommerce 3: Top oder Flop?
Der Start der neuen Version 3.0 von WooCommerce war holprig. Für ein sogenanntes Major Update ist das nicht ungewöhnlich, besonders wenn wesentliche Änderungen durchgeführt wurden, wie seinerzeit bei Version 2.3. Betrachtet man die Anzahl aktiver Installationen von über 3 Millionen, sind ein paar hundert Tickets auf GitHub ein gutes Ergebnis.
Dem reinen Anwender wird sich die Bedeutung der neuen Version nicht auf den ersten Blick erschließen, denn bis auf eine neue Galerie mit Zoom, Slider und Swipe, gibt es im Frontend nur minimale Änderungen. Die ein oder andere wird sogar auf wenig Gegenliebe stoßen, wie z.B. die veränderte Anzeige von Attributen für Variationen im Warenkorb. Ist WooCommerce 3.0 also ein Flop?
Meiner Meinung nach nicht. Der Meilenstein in der Entwicklung von WooCommerce 3.0 sind die CRUD Klassen. Der Schritt hin zum neuen Daten-Abstraktions-Model ebnet WooCommerce endgültig den Weg in die „Hall of Fame“ des E-Commerce. Bezogen auf das gesamte Internet nutzen bereits rund 41% aller Webseiten mit Shopfunktion WordPress mit WooCommerce. Nur unter den führenden zehntausend E-Commerce Webseiten haben, zum Zeitpunkt der Einführungen von WooCommerce 3.0, Magento und Oracle Commerce die Nase noch mit ein bis zwei Prozentpunkten vorne. Ich glaube das wird sich in den nächsten Monaten relativ schnell ändern, sobald die Entwickler von Plugins und Themes die Vorteile der CRUD Klassen erkennen und konsequent nutzen.
Für mich ist WooCommerce 3.0 „Bionic Butterfly“ eine echte Weiterentwicklung. Ein absoluter Meilenstein in der Geschichte des E-Commerce unter WordPress. Mein Urteil: Top! Trotzdem rate ich allen WooCommerce Benutzern vor einem Umstieg genau zu prüfen ob das verwendete Theme und die eingesetzten Plugins mit WooCommerce 3.0 kompatibel sind. Auch ein obligatorisches Backup vor einem Update darf nicht vergessen werden!
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